21.03.2016 (von Harald Keilhack) – Praktisch auf dem Silbertablett wurde der Ersten Mannschaft der Klassenerhalt (fast) am Ende einer schwierigen Saison präsentiert. Zunächst gab es für uns günstige Oberligaergebnisse, so dass vorzeitig klar war, dass es nur zwei Absteiger geben würde, dann kam Stuttgart III nur mit sechs Spielern und ohne seine zwei Spitzenbretter.
Dabei hätte es gegen Stuttgart III in Bestbesetzung durchaus eng werden können. Nominell wären die Zahlen dicht beisammen gelegen, auch wenn einige der Stuttgarter Spieler spürbar underperformt hatten. Doch dann kam Stuttgart III ohne seine zwei M’s, Migl und Maj, ließ Brett 1 frei, und wohl unplanmäßig auch noch Brett 6. Mit Gerstenberger fehlte ein weiterer Routinier, dafür wurde Ersatzmann Gackenholz präsentiert. Der gefühlte Altersdurchschnitt des Gegners präsentierte sich bei den üblichen 70 Jahren, Aksenow hin oder her. Wenigstens aber wurde nicht in einem prekären Stadtteil gespielt, sondern bei uns im Bürgerhaus im repräsentativen großen Raum.
So wollte denn richtige Spannung gar nicht erst aufkommen. Uns genügte ein 4:4, die halbe Miete war mit dem kampflosen 2:0 durch Beyer und Klaus nach 30 Minuten drin. Kaum später präsentierte sich Ersatzmann Gackenholz mit völlig verkorkster Eröffnung als Elfmeter für Schweizer-Herbert. Keilhack und de Boer standen solide etwas besser, die restlichen drei Partien durchwachsen.
So schnell wollte das 3:0 dann aber doch nicht fallen, denn Schweizer-Herbert verkünstelte sich etwas. Qualität und Bauer bei aktiverem Endspiel schien nicht genug, es sollte schon Dame oder König sein. Zimber setzte derweil zu einem Trommelwirbel an, sein Gegner erhielt bei entgegengesetzten Rochaden jedoch Gegenspiel. Kaplunow (gegen Schuster) und Höschele (gegen Klehr) inszenierten eigenartig-zeitlupenhafte Königsangriffe im besten Stuttgarter-Schachfeinde-Freistil, mit Vorkämpfern wie dem unorthodoxen Herter. Klehr hielt jedoch dagegen, Schuster startete gar einen Umgehungsangriff am Damenflügel, indes machte bei beiden wie üblich der Zeitverbrauch Sorgen.
Keilhacks Gegner – sein Angstgegner aus den Neunzigern – bot mit einem vermeintlichen Entlastungszug Remis an. Da der Zug jedoch zugleich einen Bauern einstellte, war es trotz der Situation im Mannschaftskampf eine leichte Entscheidung. Bei Zimber wurde derweil kräftig gegambelt – nach hochkomplexem Kampf mit beiderseitigen Angriffen hatten beide jenseits des dreißigsten Zuges noch eine Stunde auf der Uhr; man hatte hier den Eindruck, daß beiderseits die Entscheidungen etwas „emotional“ getroffen wurden. Es kam schließlich zu einem Endspiel mit Mehrqualität (zwei Türme gegen Turm und Springer) plus a-Freibauer für Zimber, jedoch drei verbundenen Freibauern für den Gegner am Königsflügel. Bei Schweizer-Herbert wurde die Lage ebenso immer unübersichtlicher, und möglicherweise war kurzfristig einmal der ganze Vorteil weg. Auch hier hatten beide Seiten eine Freibauernphalanx, Schwarz auf a-b-c, Weiß in der Mitte.
Bei Zimber setzte sich schließlich die Masse (f-g-h) gegen die Klasse durch, auch wenn der a-Freibauer noch eine Figur kostete. Baldigst 2:1, doch um die Gemüter zu beruhigen, schloß de Boer noch vor der Zeitkontrolle zum 3:1 ab. Derweil hatte Keilhack im Doppelturmendspiel einen zweiten Bauern gewonnen. Topscorer Schuster verkalkulierte sich bei einem Bauernopfer, doch Herbert-Schweizers Gegner verlor den Überblick und stellte der Reihe nach all seine Figuren ein, so daß auch die Freibauernphalanx keine Rettung versprach. So löste sich die Spannung bei den vier zur Zeitkontrolle noch laufenden Partien allmählich auf, denn auch bei Klehr leerte sich das Brett Zug um Zug.
4:1 durch Schweizer-Herbert, Klassenerhalt geschafft. Angesichts der Freibauern-Abenteuer bei Zimber und Herbert-Schweizer wollte sich Keilhack lieber nicht auf ein (vermutlich gewonnenes) Endspiel mit 2-3 Freibauern am Königsflügel gegen einen a-Freibauern am Damenflügel einlassen; als alter Backgammonspieler sitzt da bei ihm immer die Angst vor ein paar gegnerischen Päschen drinne. Doch mit präziser Kalkulation konnte er dem Gegner jede Chance nehmen. 5:1, das Remis bei Klehr und leider der Verlust bei Schuster waren dann noch Formsache – 5½:2½. Und leise, still und heimlich ist Kämpfer Klehr zum überraschenden Favorit auf den Titel des Remiskönigs geworden.
Die Mannschaft ist damit bei 7:9 Punkten und 50% der Brettpunkte. Immer noch auf Rang Acht, nach dem überraschenden 4:4 der bislang gleichfalls underperformenden „Zweiten“ der Schachfreunde gegen den in Bestbesetzung angetretenen Tabellenführer Heilbronn. Das ganze „Minus“ geht aufs Konto der beiden Tabellenletzten. Bei uns werden die drei Kampflosen durch drei Niederlagen der Ersatzspieler aufgewogen, die Stammacht steht mithin bei 50%. In der (vorläufigen und grob berechneten) DWZ-Performance führt jetzt Käpt’n de Boer knapp vor Spitzenspieler Beyer, dahinter schon Daniel Klaus mit einer sensationellen Saison noch vor Keilhack und Schuster.
Die Prognosen zu Beginn der Saison sind damit fast paßgenau eingetreten: Heilbronn als Aufsteiger, Stuttgart III und Willsbach als Absteiger. Einzig der vermeintliche Mitfavorit Stuttgart II präsentierte sich (noch) schwächer als erwartet. Die nächste Saison wird unter ganz ähnlichen Vorzeichen starten: Traditionell kommt aus den Landesligen Stuttgart und Ostalb ein klarer Abstiegskandidat hoch, aus dem Unterland hingegen ein konkurrenzfähiges Team. Und wieder könnte es mit etwas Glück nur zwei Absteiger geben, da Deizisau bestimmt eher weiter aufsteigt als jemals wieder in die Oberliga zurückkommt. Mit Biberach, Jedesheim und dem Verbandsliga-Süd-Aufsteiger stünden dann gleich drei Süd-Mannschaften als Kandidat für den (einzigen) Oberliga-Absteiger bereit, während „wir“ wie gesagt die Aufsteiger aus Ostalb und Stuttgart herunterschicken – soweit der Masterplan 🙂